News | 12. März 2024 | Marthe I. Eisner

Die Suche nach dem E in ELSA: Kick-off für die Task Force Ethik

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Forschungsdaten sind nicht nur wertvolle Ressourcen für wissenschaftliche Erkenntnisse und politisches Handeln, sondern auch sensible Informationen, die ethische, rechtliche und soziale Fragen aufwerfen. Beispielsweise können Datenschutzverletzungen, unbewusste Voreingenommenheit bei der Datenerhebung oder -analyse sowie unzureichende Transparenz über die Herkunft und Verwendung der Daten die Integrität und Glaubwürdigkeit von Forschungsergebnissen gefährden.

Angesichts der vielfältigen Herausforderungen und potenziellen Risiken im Zusammenhang mit der Verwendung von Forschungsdaten ist es unerlässlich, einen klaren Rahmen zu schaffen, der Standards und Best Practices festlegt. Während in der Sektion ELSA (ethische, rechtliche und soziale Aspekte) bisher lediglich eine Task Force Datenschutz existiert, die sich mit rechtlichen Aspekten befasst, besteht auch ein dringender Bedarf an einer Arbeitsgruppe, die sich explizit ethischen Fragestellungen widmet. Der Workshop "Exploring Ethical Challenges across the NFDI", der am 28. Februar 2024 stattfand, markierte somit nicht nur den Auftakt für eine intensivere Auseinandersetzung mit ethischen Fragen, sondern diente auch als Impuls für die Gründung einer Task Force Ethik innerhalb der NFDI. Vertreter:innen aus den verschiedenen Konsortien, darunter auch NFDI4Biodiversity, diskutierten die spezifischen Herausforderungen ihrer Communities und besprachen übergeordnete ethische Problemfelder sowie Ziele.

Prioritäten und Diskussionen der Konsortien

Dem Workshop ging eine Umfrage zu ethischen Fragen voraus. Den Sektionsmitgliedern bot dies die Gelegenheit, ihre Perspektiven einzubringen und zur Erfassung der vielfältigen ethischen Herausforderungen beizutragen, denen die verschiedenen Konsortien der NFDI gegenüberstehen. Im Workshop wurde eine Zusammenfassung der Kernthemen vorgestellt, die als Grundlage für die zukünftige Arbeit der Task Force dienen wird. An diese Schwerpunkte anknüpfend sollen effektive Strategien zur Bewältigung der Grundfragen sowie konkrete Maßnahmen zur Förderung des Forschungsdatenmanagements erarbeitet werden:

  • Wie können Konsortien wie NFDI4Health und 4Microbiota, die mit dem Management von Patient:innendaten betraut sind, gewährleisten, dass Patient:innen aktiv in die Forschung einbezogen werden und dabei verstehen, was mit ihren Daten passiert und wozu sie ihr Einverständnis geben, während gleichzeitig sichergestellt wird, dass ihre Daten nicht missbraucht werden?
  • Welche historischen Aufzeichnungen sollten für die Öffentlichkeit zugänglich sein und welche sollten eingeschränkt werden, beispielsweise zum Schutz der Privatsphäre oder aus Respekt vor kultureller Sensibilität?
  • Wie können verschiedene Institutionen zusammenarbeiten, um Forschungsdaten verantwortungsvoll zu nutzen?
  • Wie können wir verhindern, dass offene Daten für schädliche Zwecke missbraucht werden?
  • Wie können Forschungsdatenpläne dazu beitragen, dass Wissenschaft fair und transparent bleibt?
  • Wie können wir sicherstellen, dass ethische Prinzipien in die Verwaltung sensibler Daten integriert werden und sicherstellen, dass alle Beteiligten fair behandelt werden?
  • Welche Regeln sollten für die Verwendung von KI in der Wissenschaft gelten, und wie können wir sicherstellen, dass sie fair und transparent bleibt?
  • Wie können wir sicherstellen, dass bei der Datenerhebung und -verarbeitung globale Machtungleichheiten berücksichtigt werden?
  • Welche Verantwortung haben wir im Umgang mit "Dark Data"?
  • Wie können wir verantwortungsbewusst Daten aus sozialen Medien oder digitalem Verhalten sammeln und nutzen?

Impulsvorträge

Die Impulsvorträge während des Workshops beleuchteten verschiedene ethische Herausforderungen in der Forschungsdateninfrastruktur genauer, wodurch ein individueller Blickwinkel einzelner Konsortien und ihrer Schwerpunkte ermöglicht wurde:

Andreas Bruns vom Konsortium BERD@NFDI sprach darüber, dass es entscheidend sei, die Zustimmung der Personen einzuholen, deren Daten wir verwenden möchten, insbesondere im Bereich der Gesundheitsforschung. Er betonte, dass es nicht nur darum gehe, die Einwilligung einzuholen, sondern auch sicherzustellen, dass Patient:innen aktiv in die Entscheidungen über die Verwendung ihrer Daten einbezogen werden.

Ulrich Sax vom Konsortium NFDI4Health stellte die Frage, ob es ethisch vertretbar sei, verschiedene Datensätze miteinander zu verknüpfen, um bessere Forschungsergebnisse zu erzielen. Dabei betonte er, dass wir sicherstellen müssen, dass der Schutz der Privatsphäre und die Einhaltung der Rechte der Patient:innen nicht gefährdet werden.

Jan Krasni, Experte für Medienethik von der Technischen Universität (TU) Berlin, führte uns die Herausforderungen vor Augen, die mit der Digitalisierung von Materialien verbunden sind, die Hass oder Diskriminierung enthalten. Er betonte, dass es wichtig sei, die Würde der Opfer zu respektieren und ethische Grundsätze zu entwickeln, die für alle Situationen gelten, unabhängig von den spezifischen Umständen.

Im Anschluss wurde die Frage aufgeworfen, an wen sich die Task Force richtet. Soll sie sich an Forscher:innen, Politiker:innen, Nichtregierungsorganisationen oder andere Akteure richten? Konsens war, dass diese Frage zum jetzigen Zeitpunkt noch offen ist und vorerst bleibt. Grundsätzlich soll es die Möglichkeit für verschiedene Formen der Zusammenarbeit geben, sowohl mit Institutionen als auch mit anderen Gruppen. Betont wurde allerdings, dass die Task Force vor allem die NFDI-Gemeinschaft ansprechen möchte.

Ausblick

Als integraler Bestandteil der NFDI spielt die Sektion ELSA eine entscheidende Rolle bei der Gewährleistung von Transparenz und Vertrauen in Bezug auf unseren Umgang mit Forschungsdaten. Die Integration von ELSA-Prinzipien in unsere Arbeit fundamentiert den Aufbau einer nachhaltigen und verantwortungsvollen Forschungsdateninfrastruktur, die nicht nur wissenschaftliche Exzellenz fördert, sondern auch den Bedürfnissen der Gesellschaft gerecht wird. Diese Grundwerte von Integrität, Fairness und Verantwortung bilden das Fundament für unsere Bemühungen, das Vertrauen in die Forschungsgemeinschaft zu stärken und eine nachhaltige Wissensbasis für zukünftige Generationen zu schaffen. Im Workshop wurde deutlich, dass die Task Force Ethik klare Ziele und potenzielle Ergebnisse festlegen will, um diesen Ansatz zu konkretisieren. Die Diskussionen haben gezeigt, dass sich die Arbeit hauptsächlich auf die Entwicklung von Leitlinien konzentrieren wird, die Werte eines prinzipienorientierten Forschungsdatenmanagements festhalten sollen. Es wurden zudem die Erstellung von wissenschaftlichen Arbeiten, sowie die Durchführung von Workshops, Schulungsnetzwerken und der Aufbau einer Community erwogen, um eine umfassende und nachhaltige Integration dieser Werte in unsere Aktivitäten sicherzustellen.

Das erste offizielle Treffen der Task Force Ethik ist für den 21. März angesetzt. Dies wird eine wichtige Gelegenheit sein, um die Diskussionen vom Workshop fortzusetzen und konkrete Schritte für die Erreichung der angestrebten Ziele zu planen. Es bleibt spannend zu sehen, wie sich die Arbeit der Task Force in den kommenden Monaten entwickeln wird und welchen Beitrag sie zur Weiterentwicklung der ethischen Standards und Praktiken in den Querschnittsthemen der NFDI leisten wird. Das Konsortium NFDI4Biodiversity wird den Prozess der Task Forces weiterhin begleiten und über die Fortschritte informieren.

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Marthe I. Eisner

Marthe ist als Kommunikationsmanagerin an der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (SUB Göttingen) tätig und unterstützt seit 2020 den Aufbau der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI). Als Teil des NFDI4Biodiversity-Konsortiums konzentriert sie sich auf die Verbreitung relevanter Projektinformationen, erarbeitet in einem engagierten Team neue Kommunikationsformate und betreibt Öffentlichkeitsarbeit. Privat teilt Marthe ihr Leben mit zwei Kindern und einer Schildkröte.

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