Offen, aber rechtssicher: Was ein neues Gutachten über die Nachnutzung von Biodiversitätsdaten am Beispiel des Fischartenatlas verrät

Die umfangreichen Datenbestände aus dem Fischartenatlas der deutschen Gesellschaft für Ichthyologie (GfI) können die internationale Forschung immens bereichern – doch wie lassen sie sich an Plattformen wie GBIF anbinden? Ein neues Rechtsgutachten liefert Antworten.
Rund 120.000 Datensätze zu Fischarten in deutschen Binnengewässern und Küstenregionen umfasst der Fischartenatlas der Gesellschaft für Ichthyologie e.V. (GfI) – eine über Jahre gewachsene Sammlung, aufgebaut mit wissenschaftlicher Akribie und viel ehrenamtlichem Engagement. Neben Expertensichtungen und standardisierten Kartierungen stammen viele Meldungen aus einer citizen-science-basierten Erfassung, an der sich auch zahlreiche Studierende beteiligten.
Ein Datenschatz, der längst über die nationale Forschung hinaus von Interesse ist. Doch was ist, wenn solche Daten nicht nur in Fachkreisen zirkulieren, sondern öffentlich bereitgestellt werden sollen – etwa über die Global Biodiversity Information Facility (GBIF), eine Plattform mit mehr als drei Milliarden Einzeldatensätzen, die Biodiversitätsdaten weltweit offen zugänglich macht?
Diese Frage stand im Zentrum eines Gutachtens, das im Rahmen von NFDI4Biodiversity beauftragt wurde. Es sollte klären, unter welchen rechtlichen und ethischen Bedingungen die Daten des GfI-Fischartenatlas veröffentlicht und international weitergenutzt werden dürfen – und wer darüber entscheiden kann.
Was erlaubt ist – und unter welchen Bedingungen
Das Gutachten nimmt zentrale rechtliche Aspekte in den Blick: Urheberrecht, Datenbankschutz, Datenschutz, Forschungsethik und Lizenzierung. Das Ergebnis ist grundsätzlich ermutigend: Einer Integration der Daten in GBIF steht rechtlich nichts entgegen – sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu zählt vor allem, die Einwilligung der freiwilligen Meldenden einzuholen. Auch die Nutzungs- und Datenschutzbestimmungen des Atlas müssen entsprechend angepasst werden.
Ein Fall mit Signalwirkung
Zwar diente der GfI-Fischartenatlas als konkreter Prüfgegenstand, doch das Gutachten versteht sich ausdrücklich als Beispiel mit Modellcharakter. Es zeigt, wie Plattformen mit ähnlicher Struktur rechtssicher an internationale Infrastrukturen wie GBIF angebunden werden können – und welche Stolpersteine es dabei zu beachten gilt: von der Frage der Datenhoheit über Lizenzfragen bis zur Rolle ehrenamtlicher Beitragender.
Das Gutachten bietet damit nicht nur den Betreiber:innen des Atlas selbst, sondern auch anderen Projekten in der Biodiversitätsforschung eine wertvolle Orientierungshilfe.
Warum das für die Forschung so wichtig ist
Die Einbindung der Fischarten-Daten in GBIF könnte ein echter Zugewinn für die Wissenschaft sein. Sie würde es ermöglichen, die Verbreitung und Gefährdung von Arten großflächig zu analysieren, den Zustand aquatischer Ökosysteme zu bewerten und Veränderungen im Zuge des Klimawandels besser zu verstehen.
Auch für Verwaltung und Politik sind solche Daten von immenser Bedeutung: etwa bei der Ausweisung von Schutzgebieten oder der ökologischen Bewertung von Eingriffen in Gewässer. Nicht zuletzt stärkt eine offene Datenverfügbarkeit die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Forschung. Denn nur, wenn Herkunft und Erhebungsmethoden dokumentiert sind, lassen sich Schutzmaßnahmen fundiert planen – und auf Dauer erfolgreich umsetzen.
Das Gutachten wurde von Tom Grünberger vom Unabhängigen Institut für Umweltfragen (UFU) erstellt. Die Gesellschaft für Ichthyologie e.V. (GfI) war mit ihrem Fischartenatlas zentraler Praxispartner des Gutachtens und stellte die Daten und Fragestellungen zur Verfügung, anhand derer die rechtlichen Rahmenbedingungen untersucht wurden. Gefördert wurde die Begutachtung von der Gesellschaft für Biologische Daten e.V. (GFBio).
Veröffentlichung und Nachnutzung von Artvorkommensdaten am Beispiel der Gesellschaft für Ichthyologie e.V. (Grünberger, Tom), 2025. Zenodo. https://zenodo.org/records/14975978